Alle fünf Jahre wird ein neuer Landtag gewählt und die politische Macht in Niedersachsen wird dann wieder neu verteilt. In Niedersachsen ist das wieder am 09. Oktober 2022 der Fall. Die über sechs Millionen Wahlberechtigten sind aufgerufen, in der Zeit zwischen 08:00 und 18:00 Uhr die mindestens 135 Abgeordneten des 19. Niedersächsischen Landtags zu wählen. Das Volk entscheidet.

Auch wenn Wahlen und Demokratie zusammengehören wie Pommes und Mayo, so sind doch insbesondere Erstwähler*innen häufig unsicher, wie das mit dem Wählen genau funktioniert.

Warum wählen?

Wir – die Bürger*innen in Deutschland – bestimmen durch die Teilnahme an den Landtagswahlen unmittelbar über die Zusammensetzung des Landesparlamentes und die daraus resultierende Regierungsbildung. Und damit auch über die Umsetzung von politischen Programmen in den kommenden fünf Jahren.

Die Teilnahme an Wahlen ist deshalb eine aktive Teilhabe am politischen Entscheidungsprozess: Durch Wahlen bleiben die Parlamentarier*innen gegenüber ihrer Wählerschaft politisch verantwortlich, denn die Politiker*innen wissen, dass sie spätestens bei der nächsten Wahl auf die Stimmen der Wähler*innen angewiesen sind.

Wer darf wählen?

Wir leben in einer repräsentativen Demokratie. Unsere Staatsform zeichnet sich dadurch aus, dass gewählte Abgeordnete den Volkswillen im Parlament repräsentieren. An den Wahlen zum Niedersächsischen Landtag können deshalb alle deutschen Staatsbürger*innen teilnehmen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten mit ihrem Hauptwohnsitz in Niedersachsen gemeldet sind.

Im Vorfeld des Wahltages erhalten alle Wahlberechtigten eine Wahlbenachrichtigung mit der Post. Im Gegensatz zu Europa- oder Kommunalwahlen sind Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedsstaaten bei Landtagswahlen nicht zur Wahl berechtigt.

Bei Wahlen wird zwischen aktivem und passivem Wahlrecht unterschieden:

  • Aktives Wahlrecht meint dabei die Berechtigung, wählen zu dürfen.
  • Passives Wahlrecht bedeutet, sich als Kandidat*in zur Wahl stellen zu dürfen.
Wie lauten die fünf Wahlprinzipien?
  • Allgemein: Dieses Prinzip besagt, dass – wie oben bereits erwähnt – alle volljährigen Deutschen wählen dürfen und das unabhängig von Konfession, ethnischem Ursprung, politischer Überzeugung, Herkunft oder Geschlecht. Nur durch richterliche Entscheidung kann einer Person im Einzelfall das Wahlrecht aberkannt werden (z.B. verurteilten Mörder*innen).
  • Unmittelbar: Das Wahlvolk wählt die Abgeordneten direkt, d.h. ohne Zwischeninstanz bzw. Umwege über Institutionen wie beispielsweise ein Wahlmännergremium in den USA.
  • Gleich: Der Grundsatz der Gleichheit besagt, dass – frei nach dem historischen Credo „One Man, One Vote“ – jede Wählerstimme gleiches Gewicht hat und dass alle Wahlbewerber*innen gleiche Chancen haben.
  • Frei: Eine Wahlentscheidung ist dann frei, wenn dabei von keinen anderen Personen oder Institutionen Druck ausgeübt und niemand wegen seiner Wahl oder Nicht-Wahl benachteiligt wird.
  • Geheim: Der Grundsatz der geheimen Wahl beinhaltet, dass jede und jeder unbeobachtet wählen kann und niemandem sagen muss, wen er oder sie gewählt hat. Die geheime Wahl wird durch die geschlossene Wahlkabine und die zu verschließenden Briefumschläge betont.
Was ist der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme?

Wichtig zu wissen ist, dass alle Wahlberechtigten zwei Stimmen haben:

  • Mit der Erststimme wird eine einzelne Person gewählt – eine Direktkandidat*in aus dem Wahlkreis, indem man wohnhaft ist.
  • Mit der Zweitstimme wählen die Wähler*innen eine Partei – genauer gesagt: deren Landesliste.

Mit Hilfe des sog. „Stimmensplittings“ können Erst- und Zweitstimme unabhängig voneinander vergeben werden, d.h. mit der Erststimme kann eine Kandidatin der Partei A unterstützt werden und mit der Zweitstimme die Landesliste der Partei B.

Wer kommt in den Landtag?

Das Wahlsystem zur Niedersächsischen Landtagswahl ist eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahl – Fachleute sprechen vom personalisierten Verhältniswahlrecht. Nach dem d‘Hondt’schen Höchstzahlverfahren bildet das Zweitstimmenergebnis die rechnerische Grundlage für die Sitzverteilung im Landtag: Es definiert, zu welchen Anteilen die Parteien im Landtag vertreten sind.

Niedersachsen ist in 87 Wahlkreise aufgeteilt. Von den mindestens 135 Parlamentssitzen werden

  • 87 Sitze als sog. „Direktmandate“ per Erststimme an Direktkandidat*innen aus den Wahlkreisen vergeben. Wer einen Wahlkreis gewonnen hat, ergibt sich durch das Auszählen der Erststimmen nach den Regeln der Mehrheitswahl: Nur der Gewinner bzw. die Gewinnerin des Wahlkreises zieht in den Landtag ein, alle anderen aus dem Wahlkreis gehen leer aus. Es genügt also eine relative Mehrheit, um direkt in den Landtag einzuziehen.
  • 48 Sitze über die Zweitstimmen – also über die Landeslisten der Parteien – vergeben. Dabei gelten die Regeln der Verhältniswahl. Vor der Landtagswahl stellt jede Partei eine Liste mit ihren Kandidat*innen auf. Nach der Wahl werden alle Stimmen zusammengezählt. Daraus errechnet sich wie viel Prozent der Stimmen jede einzelne Partei insgesamt bekommen hat. Aufgrund der Fünfprozenthürde ziehen über die Landeslisten jedoch nur Kandidat*innen in den Landtag ein, deren Partei mehr als fünf Prozent der gültigen Stimmen erhalten hat. Diese Sperrklausel verhindert eine Zersplitterung des Parlaments und garantiert seine politische Arbeitsfähigkeit. In einem Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnete, behalten diesen Sitz allerdings auch dann, wenn die Partei weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten hat.

Durch die Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl ist in der Regel ausgeschlossen, dass eine Partei alle Mandate erhält. Es entsteht eine Sitzverteilung, die dem politischen Meinungsspektrum der wählenden Bevölkerung annähernd entspricht. Dabei gilt es zu beachten, dass das System selten absolute Mehrheiten für eine bestimmte Partei hervorbringt und die Parteien deshalb gezwungen sind, Koalitionen und Kompromisse einzugehen. Das kann den Prozess der Regierungsbildung erschweren.

Was sind Überhang- und Ausgleichsmandate?

Die Aufteilung der Sitze auf die ins Parlament eingezogenen Parteien erfolgt – wie vorhin bereits erwähnt – nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren: einem bestimmten Auszählverfahren, das ermittelt, wie viele Mandate auf jede Partei nach den für sie abgegebenen Zweitstimmen entfallen. Von dieser Zahl werden die errungenen Direktmandate abgezogen. Hat eine Partei mehr Sitze errungen, als ihr nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren zustehen, so behält sie diese Sitze als sog. „Überhangmandate“.

Um das ursprüngliche Verhältnis der Zweitstimmen dennoch weiterhin im Parlament abzubilden, wird die Gesamtzahl der Landtagsmandate um die zweifache Menge der Überhangmandate erhöht. Anhand dieser Zahl wird die Sitzverteilung neu berechnet und die anderen Parteien erhalten gegebenenfalls Ausgleichsmandate. In der 18. Wahlperiode gab es insgesamt 137 Sitze (gesetzliche Mindestzahl von 135 Sitzen plus je ein Überhang- und Ausgleichsmandat) im Niedersächsischen Landtag.

Was passiert im Wahllokal und in der Wahlkabine?

Im Vorfeld der Wahl müssen sich die Wähler*innen entscheiden, ob sie

  • am offiziellen Wahltag persönlich zum Wählen ins Wahllokal gehen oder
  • Briefwahl beantragen

Am Wahlsonntag ist dann für all diejenigen der große Tag gekommen, die sich für das Wahllokal entschieden haben. Wichtig ist, die im Vorfeld mit der Post zugestellte Wahlbenachrichtigung ins Wahllokal mitzunehmen. Aber sollte diese nicht mehr auffindbar sein, dann ist das auch kein Drama. Als Ersatz reicht es aus, ein amtliches Dokument mit Lichtbild (wie z.B. Personalausweis, Führerschein, Reisepass oder Schwerbehindertenausweis) vorzulegen. Daraufhin händigt der Wahlvorstand die Wahlunterlagen aus. Da – wie bereits erwähnt – die Wahl geheim ist, gehen die Wähler*innen zum Ausfüllen der Wahlunterlagen in eine Wahlkabine. Danach werden die Wahlunterlagen in eine bereitstehende Wahlurne geworfen.

Der Stimmzettel ist in zwei Spalten unterteilt:

  • Linke Spalte Erststimme: Dort stehen die Namen der Personen untereinander, die für ein Direktmandat kandidieren – jeweils mit Angaben zum Wohnort und zur aktuellen Tätigkeit. Wenn die Person für eine Partei antritt, dann ist der Name der Partei ebenso vermerkt. Ansonsten steht dort der Zusatz „Einzelbewerber(in)“.
  • Rechte Spalte Zweitstimme: Dort stehen die Landeslisten der Parteien. Es werden hier aber nur die ersten drei Bewerber*innen pro Partei aufgeführt.

Wichtig ist, dass in jeder Spalte nur jeweils ein Kreuz gesetzt wird. Falls ein Stimmzettel versehentlich falsch ausgefüllt wurde, so kann – nach Vernichtung des fehlerhaften Stimmzettels durch ein Mitglied des Wahlvorstands – ein neuer ausgehändigt werden.

Wann ist eine Stimme ungültig?

Eine Stimme ist dann ungültig, wenn

  • der Wille des Wählers oder der Wählerin nicht eindeutig zu erkennen ist
  • in einer der beiden Spalten mehr als ein Kreuz gesetzt wurde
  • gar keine Stimmen vergeben wurden
  • Ein Stimmzettel mit zusätzlichen Anmerkungen versehen wurde
Stimmabgabe per Briefwahl

Für die Menschen, die beispielsweise aus terminlichen Gründen am eigentlichen Wahltag verhindert sind, besteht die Möglichkeit der Briefwahl. Für deren Beantragung gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Der Vordruck eines Briefwahlantrags befindet sich auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung. Dieser kann direkt ausgefüllt und per Post an die angegebene Adresse geschickt werden. Achtung: Da das Porto nicht übernommen wird, muss der Antragsteller oder die Antragstellerin auf eine ausreichende Frankierung achten!
  • Der Briefwahlantrag kann persönlich im Rathaus gestellt werden
  • Der Antrag kann auch per E-Mail an die zuständige Stelle der Gemeinde gerichtet werden
  • Viele Gemeinden haben auch ein Online-Formular zur Briefwahl, das über die Internetseite des Rathauses abgerufen und direkt ausgefüllt werden kann

Die Briefwahlunterlagen werden daraufhin dem Antragsteller bzw. der Antragstellerin zugesandt. Den Unterlagen ist eine genaue Anleitung zur Briefwahl beigefügt. Dabei gilt es zu beachten, dass der Umschlag noch rechtzeitig versandt wird. Denn er muss vor Schließung der Wahllokale am eigentlichen Wahltag eintreffen. Für die Beantragung eines Wahlscheins, der es einem ermöglicht, in einem beliebigen Wahlraum des Wahlkreises zu wählen, gilt das gleiche Verfahren. Bei der persönlichen Beantragung der Briefwahlunterlagen im Rathaus ist es normalerweise möglich, die Unterlagen gleich vor Ort auszufüllen und in eine Wahlurne zu werfen. Auf der Wahlbenachrichtigung steht alles Weitere dazu.

Wählen mit Unterstützung

Kann ein Wahlberechtigter oder eine Wahlberechtigte aufgrund einer Behinderung den Stimmzettel nicht selbständig ausfüllen, so gibt es die Möglichkeit eine Hilfsperson zu ernennen, die ihn oder sie beim Wählen unterstützt. Die Hilfsperson darf den Stimmzettel ausschließlich nach dem Willen der beeinträchtigten Person ausfüllen und muss über die dabei erlangten Informationen Stillschweigen bewahren. Die Bestellung von Hilfsschablonen, die ein Ausfüllen des Stimmzettels ohne fremde Hilfestellung ermöglichen, ist beim Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e.V. möglich. Auch Menschen in Vollbetreuung können seit dem Jahr 2019 wählen und gewählt werden.