"Wer zögert, der fällt!"


Ein Beitrag von Zeilen Sprung - Das Redaktionsbüro und der Deister- und Weserzeitung (Dewezet)

„Das war eine ganz schwierige Entscheidung, das hier heute zu machen“, gestand die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller. Statt zu Schampus und Schnittchen hatten die Hamelner Genossen zum 150. Parteigeburtstag nämlich zu Pellkartoffel, Quark und einem Theaterstück eingeladen – und mit dem Champions-League-Finale ungewollte Konkurrenz erhalten.

Viel lokale Partei- und Politprominenz war zu Lösekrug-Möllers Rede ins Foyer des Weserberglandzentrums gekommen. Die meisten blieben zur anschließenden Theateraufführung.

„Rosa, ich kann deinen Herzschlag hören“, so lautet der Titel des vom Münderaner Daniel Nagel verfassten und von Peggy Zawilla und ihrem Jungen Theater St. Magnus aus Beber, auch als Didel-Dadel-Dum-Theater bekannten Jugend-Ensemble auf die Bühne gebrachten Theaterstückes.

Was die Besucher zu sehen bekamen, war so spannend und mitreißend, dass sich der dem Fußball geschuldete Schwund zur Pause in überaus übersichtlichen Grenzen hielt. Die Grundidee des Stücks: anhand eines auf dem Dachboden gefundenen Tagebuchs taucht die widerspenstige, politisch uninteressierte Teenie-Göre Kim unversehens in die Lebenswelt der historischen Figur der Hamelnerin Sozialdemokratin Rosa Helfers ein, lernt bei der Lektüre, dass sich der Kampf für eine gute Sache, für soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Mitmenschlichkeit und gegen Vorurteile lohnt. Wer zögert, der fällt! Das ist Rosas Botschaft, die über dem Abend steht.

Das Stück gewinnt seinen Reiz aus dem Kontrast zwischen den Wohlstands-„Kids 2000“ und der heute kaum noch vorstell- und vermittelbaren sozialen Wirklichkeit des Kaiserreichs. Erst allmählich lernen Kim und ihre Freundin, dass das alles andere als „Mittelalter“ war und auch heute noch viel mit ihnen zu tun hat.

Sicher, hier agieren Amateure, doch Inszenierung und Umsetzung des Stoffes sind hochprofessionell. Da gelingen Szenen von beklemmender Intensität, bleibt einem das Lachen mitunter im Halse stecken, gibt es spontanen Applaus, wenn etwa die Helfer die Bühne in wenigen Sekunden in einen mit Stacheldraht umsäumten Gefängnishof verwandeln.

Johanna Abend verkörpert sehr überzeugend eine Rosa, die als Mann verkleidet in die Partei eintritt, später erste deutsche Gefängnisdirektorin in Berlin-Moabit wird, von den Nazis ins KZ gesteckt wird, überlebt, und sich auch nach dem Krieg in Hameln unentwegt engagiert.

Kim Kurosch als sorglos naive Kim entdeckt an diesem Abend den Wert und die Notwendigkeit politischen Engagements, und Torben Holle rührt die Herzen der Zuschauer als Rosas im Ersten Weltkrieg gefallener Ehemann Friedrich. Auch die Nebenrollen sind bis ins Detail gut vorbereitet und liebevoll ausgestattet.

Sie alle spielen mit Herzblut, trotz Lampenfieber fehlerfrei, kein einziger Hänger, kein Versprecher, kurz: Amateurtheater auf ganz hohem Niveau.

„Das ist eine gute Werbung für die SPD, ein gelungener Brückenschlag zwischen den Generationen“, so Ulrich Watermann, und auch die Grünen-Landeschefin Anja Piel war sichtlich beeindruckt. Wer dachte da noch an Fußball?

Bleibt einzig die Frage offen, wann dieser exzellente Stoff auf einer Hamelner Musicalbühne zu sehen sein wird. Das Potenzial dazu hat die Geschichte der Hamelner Heldin Rosa Helfers allemal.

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